«Stellen Sie sich vor: Eine zentrale Drohnenbasis auf dem Dach, von der aus wir das gesamte Höchstspannungsnetz befliegen und inspizieren können!»
Mit leuchtenden Augen teilte ein Netzbetreiber diese Vision während eines Drohnenflugs im Jahr 2015 mit uns. Was damals alle schmunzeln liess – Drohnen, die von einem zentralen Dach aus das komplette Schweizer Höchstspannungsnetz autonom abfliegen? Ziemlich fantasievoll! Doch beim Lesen des Swissgrid-Artikels Früher brauchte es ein Fernglas, heute übernimmt die Drohne mussten wir an dieses Treffen zurückdenken. Was vor einem Jahrzehnt wie Science-Fiction klang, ist heute fast Realität.
Eine Idee fliegt durch die Zeit Es ist faszinierend zu sehen, wie sich manche Themen über die Jahre entwickeln. Als wir 2015 gemeinsam u.a. mit Air Zermatt, Ofill, Energie Burgenland und To-Fly Drones eine Roadshow zu Luftinspektionen organisierten, standen wir noch ganz am Anfang. Helikopter waren der Standard, und Drohnen eine spannende neue Ergänzung.
Die Fachzeitschrift «Bulletin» berichtete damals:
«Inspektionen aus der Luft erfolgen ohne Ausschaltungen und damit unabhängig vom operativen Betrieb der Netze. Technisch interessant ist hierbei die Entwicklung von UAVs (unmanned aerial vehicles).»
Wir staunten über die Detailschärfe der ersten Drohnenaufnahmen von Masten, Isolatoren und Armaturen. Doch die Systeme waren noch weit entfernt von dem, was sie heute auch wirtschaftlich macht. Die Drohnen mussten in Sichtweite geflogen werden, der Akku hielt kaum 30 Minuten, und die Steuerung erforderte gleich zwei erfahrene Piloten.
Vom Staunen zum digitalen Zwilling Zwischen 2017 und 2019 wurde ein wichtiger Zwischenschritt erreicht. Bei der Digitalisierung des Höchstspannungsnetzes, die die IED in Zusammenarbeit mit Fugro umsetzte, kamen zwar hauptsächlich Helikopter zum Einsatz, aber die Aufnahmetechniken und die Verarbeitung der Terabytes von Daten hatte beeindruckende Fortschritte gemacht.
Mittels Laser-Scanning (LiDAR) und hochauflösenden Orthophotos entstanden detaillierte digitale Zwillinge der Leitungstrassen und Masten.
Ein Kollege scherzte damals: «Mit diesen Daten könnten wir das Netz vom Schreibtisch aus abfliegen»
Die Vision wird Wirklichkeit Und heute? Im Blog von Swissgrid erfahren wir, wie weit die Drohnentechnologie für Netzinspektionen inzwischen fortgeschritten ist:
BVLOS-Flüge (Beyond Visual Line of Sight): Drohnen, die ohne Sichtkontakt weite Strecken überwachen
Autonome Flugplanung: Vorprogrammierte Routen, die selbstständig abgeflogen werden
LiDAR-Sensoren und KI: Hochpräzise Bilddaten mit automatischer Schadenserkennung
Die Vision einer zentralen «Drohnenbasis» ist damit zwar noch nicht ganz erreicht – aber die grundlegende Idee autonomer Netzinspektionen ist Wirklichkeit geworden. Die Vorteile, die Swissgrid beschreibt, liegen weiterhin auf der Hand:
Frühzeitige Schadenerkennung durch präventives Screening
Kontinuierliche Überwachung für vorausschauende Wartung
Deutlich verbesserte Arbeitssicherheit
Besondere Eignung für die herausfordernden Schweizer Bergregionen
Die nächsten Flugstunden Die Reise von der ersten Drohne mit Kamera zur KI-gesteuerten autonomen Inspektion zeigt eindrucksvoll, wie sich Technologien entwickeln können. Wer weiss, vielleicht wird in weiteren zehn Jahren tatsächlich die zentrale «Drohnenbasis auf dem Dach» Realität sein, von der jener Netzbetreiber 2015 träumte.
Eines ist sicher: Wir werden weiterhin mit einem Schmunzeln an jenes Treffen zurückdenken und daran, wie aus einer kühnen Vision langsam aber sicher Wirklichkeit wird. In der Infrastrukturbranche ist manchmal der Weg das Ziel – und dieser Weg führt immer höher hinaus.
Autor: Andrea Heubel
Haben Sie auch eine Geschichte darüber, wie sich Visionen in unserem Sektor entwickelt haben? Wir freuen uns auf den Austausch.